Die UN beschließen ein Science-Policy-Panel für Chemikalien, Abfälle und Verschmutzung
Mitte Juni wurde nach drei Jahren Verhandlungen ein zwischenstaatliches Wissenschafts-Politik-Panel für Chemikalien, Abfälle und Verschmutzung etabliert (Science-Policy Panel on Chemicals, Waste and Pollution; ISP-CWP). Die UN haben damit ein wissenschaftliches, unabhängiges Gremium etabliert, das Bewusstsein für Risiken von Chemikalien schärft und welches zu einer besseren Regulierung weltweit führen soll.
Ein solches Panel dient dazu, politische Entscheidungsträger*innen, sowie Prozesse und Abkommen mit dem aktuellen Forschungsstand und wissenschaftlichen Erkenntnissen in Einklang zu bringen. Das ISP-CWP ist das Pendant zum sogenannten Weltklimarat, dem IPCC für Chemikalien. Dies ist besonders wichtig, da das ISP-CWP die Verschmutzung als Umweltkrise auf eine Ebene mit dem Klimawandel und Biodiversitätsverlust hebt. Das Sekretariat des Panels ist beim Umweltprogramm der Vereinten Nationen angesiedelt.
Trotz des Erfolges, dass ein solches Panel etabliert wurde, sind trotz verlängerter Verhandlungsrunde viele Punkte offen und ungeklärt. Diese sollen in der ersten offiziellen Sitzung des ISP-CWP geklärt werden. Das heißt auch, dass es noch Jahre dauern kann, bis das Panel wirklich funktionsfähig ist, denn bei den Leerstellen geht es durchaus um sehr zentrale Punkte, wie Arbeitspläne, die bisher nicht vorhanden sind oder ungeklärter Umgang mit Interessenkonflikten. Dabei kann gerade der Punkt, dass das Panel nicht vor Einflussnahme von Industrie und Unternehmen – also den Verursachern der chemischen Verschmutzung – geschützt ist, das Vertrauen in das ISP-CWP von Beginn an untergraben. Außerdem ist die Zivilgesellschaft nur unzureichend beteiligt und eine demokratische Kontrolle sowie Transparenz sind nicht gesichert.
Neben diesen vielen Lücken fällt am schwerwiegendsten ins Gewicht, dass sich die Verhandler*innen nicht darauf einigen konnten, dass der Zweck des Panels der Schutz von Mensch und Umwelt ist. Ohne diese klare Mission verliert das Panel seine Wirkungsweise, noch bevor es überhaupt angefangen hat zu arbeiten.
Zu einem wirklichen Durchbruch kam es nicht, weil einige wenige Länder wirkliche Ambitionen blockierten. Am Ende wurde nur ein Gründungsdokument mit vielen Leerstellen, sowie eine schlechte Geschäftsordnung beschlossen. Weiteres erreichte durch die Blockadehaltung einiger weniger Staaten keinen Konsens und konnte damit nicht verabschiedet werden. Ein ähnlicher Block, der auch die Verhandlungen für ein rechtlich bindendes, internationales Plastikabkommen blockiert, trat auch bei den Verhandlungen zum ISP-CWP auf und verhinderte mit etlichen Verzögerungstaktiken und Vetos eine ambitionierte Ausrichtung des Panels. Durch den rechten Regierungswandel in Staaten wie den USA oder Argentinien konnten auch grundsätzliche Formulierungen und Gender-Mainstreaming und die Einbindung von Indigenen, die zu mehr Inklusion und sozialer Gerechtigkeit führen, nicht beschlossen werden.
Auf der fünften Umweltversammlung der Vereinten Nationen (UNEA, United Nations Environmental Assembly) 2022 wurde eine Resolution verabschiedet, die die Einrichtung eines Science-Policy-Panels fordert, um das Chemikalienmanagement zu unterstützen. Um dieses zu verhandeln, wurden drei Open-Ended Working Groups (OEWG) angesetzt. Sowohl die erste als auch die dritte OEWG mussten jedoch verlängert werden, sodass insgesamt 5 Treffen zur Verhandlung stattfanden. In der Woche vom 16. bis 20. Juni fand die dritte verlängerte OEWG in Uruguay statt. Der Beschluss erfolgte erst in den frühen Morgenstunden des letzten Verhandlungstages.
Weitere Stimmen:
CIEL: https://www.ciel.org/news/spp-oewg-3-2/
IPEN: https://ipen.org/news/science-panel-established-protections-environment-and-health-remain-limbo