Die erste Open-Ended Working Group des GFC bleibt hinter den Erwatungen zurück

Vom 24. Bis 27. Juni kamen verschiedene Stakeholder zur ersten Open-Ended Working Group (OEWG) des Global Framework on Chemicals (GFC) in Punta del Esta, Uruguay, zusammen. In den vier Tagen und vorgelagerten Workshops lag der Fokus auf dem Stand und der Weiterentwicklung der Implementierung des GFCs. Dafür kamen die Delegierten vor allem im Plenum zusammen. Zu einzelnen Punkten wurden auch Kontaktgruppen gegründet. 

Jedoch war von Beginn an das Mandat der OEWG nicht wirklich klar. Ob und inwiefern Entscheidungen getroffen werden können, blieb ungewiss. Dadurch wurden am Ende auch keine Resolutionen, sondern lediglich ein Bericht der OEWG verabschiedet. D.h. auch, dass aus der OEWG keine direkte Vorbereitung der ersten Internationalen Konferenz  (IC1) folgte. Die erste Internationale Konferenz des GFC soll im vierten Quartal des Jahres 2026 stattfinden. Hier sollen die bestehenden Lücken des GFC final geschlossen werden und über den weiteren Verlauf der Implementierung entschieden werden. Die OEWG war geprägt von einem Austausch der verschiedenen Perspektiven im Plenum, aber auch in einzelnen Kontaktgruppen. Dabei bleibt unklar, was mit den verschiedenen Beiträgen passiert und wie diese in die Prozesse einfließen. Der Abschlussbericht umfasst die verschiedenen Perspektiven, und einzelne Prozesse werden sicher auch Impulse aus der OEWG aufnehmen, jedoch ist dies ein Prozess ohne konkrete Vorgaben.

Der reine Austausch von Perspektiven führte auch nicht dazu, dass dringende Probleme im GFC gelöst wurden oder unterschiedliche Positionen verhandelt wurden. Dies stellt die kommende IC 1 vor die Herausforderung, dass dort verhandelt wird, ohne dass es bereits Bausteine geben wird, über die bereits verhandelt wurde. 

Neues Rahmenwerk, alte Probleme vom fehlenden Geld

Eines der größten und drängendsten Probleme ist die fehlende Finanzierung. Das Sekretariat des GFC ist dramatisch unterfinanziert. Die freiwilligen Beiträge von Staaten und der Industrie reichen nicht aus, um alle Stellen zu bezahlen. Ab 2026 ist die Finanzierung derzeit gänzlich ungewiss, sodass alle Stellen des GFC Sekretariats nur bis Ende des Jahres befristet sind. Damit leidet auch das GFC an den gleichen finanziellen Problemen wie bereits der Vorgänger SAICM. Das Sekretariat ist nur eingeschränkt arbeitsfähig. Die Finanzierung der ersten Internationalen Konferenz Ende 2026 ist auch noch nicht sichergestellt.

Hingegen hat der GFC Fond seine Arbeit erfolgreich aufgenommen, auch wenn hier weitere Zahlungen von Gebern in den Fond bisher ausblieben. Seit der Gründung des Fonds auf der Weltchemikalienkonferenz in Bonn 2023 und der maßgeblichen Anstoßfinanzierung in Form von 20 Millionen Euro durch Deutschland sind nur kleinere Beträge durch Staaten dazugekommen. Auf der OEWG wurde die bisherige Arbeit des Boards und die ersten Förderungen vorgestellt. Dass der Bedarf an Finanzierung für Projekte groß ist und es ein großes Interesse gibt, zeigten über 100 eingereichte Projektanträge aus 77 verschiedenen Ländern. Schlussendlich wurden in dieser ersten Runde jedoch nur vier Projekte mit 11 beteiligten Ländern bewilligt und werden mit je 800.000 Dollar gefördert. Damit sind insgesamt 3,2 Millionen Dollar auf dem Fund, der 28,5 Millionen Dollar umfasst, vergeben. Die nächste Förderrunde soll noch in diesem Jahr starten, wobei die Richtlinien für die Förderung präzisiert werden sollen. Viele Stakeholder kritisierten die zu hohen Hürden für die Antragsstellung, sowie auch neue durch das Board gesetzte Kriterien, die nicht abgestimmt wurden. Diese Kriterien umfassten bspw. dass High-Income-Countries nicht förderfähig sind. Einige Staaten forderten hingegen, dass Entwicklungsländer und Schwellenländer uneingeschränkten Zugang zum Fond haben sollten.

Grundsätzlich gab es aber keine Einigung auf eine Finanzierung des GFC für die Zukunft. Einige Staaten brachten einen festen Beitrag durch Länder ins Spiel. Auch die stärkere Beteiligung der Industrie und des privaten Sektors wurde vor allem aus der Zivilgesellschaft wiederholt angesprochen. Aber es erfolgte kein Austausch und damit auch keine Einigung über die Finanzierung, und so bleibt ein grundlegendes und schwerwiegendes Problem bestehen.

Priorisierung statt breite Adressierung

Auf der Weltchemikalienkonferenz in Bonn wurde sich darauf verständigt, die Emerging Policy Issues and other Issues of Concern (IoC) unter SAICM auf einer Interimsbasis im GFC zu behalten. Über den weiteren Umgang mit diesen acht Fokusthemen wird auf der IC 1 entschieden. Aktuell ist keines der acht IoC ausreichend adressiert oder annähernd gelöst. Dies hing auch in der Vergangenheit mit fehlender Finanzierung, fehlenden Ansätzen zur Bearbeitung und Arbeitsplänen zusammen.

Im April dieses Jahres hat die IOMC einen Bericht über den Arbeitsstand der einzelnen IoCs veröffentlicht und Empfehlungen zum weiteren Umgang gegeben. Diesen Empfehlungen wurden auf der OEWG diskutiert und einzelnen zugestimmt, anderen maßgeblich auch widersprochen. Für einen Verbleib aller IoCs unter dem GFC sprachen sich neben der Zivilgesellschaft nur wenige Stakeholder aus. Während der Verbleibt von PFAS, EDCs, Nanomaterialien und Arzneimittel in der Umwelt ziemlich unstrittig war, wurden die IoCs Gefährliche Substanzen im Lebenszyklus von Elektronik und Chemikalien in Produkten mehrheitlich eher als Themen gesehen, die innerhalb eines Implementierungsprogrammes adressiert werden sollten. Für den Verbleib des IoCs Blei in Farben unter dem GFC sprachen sich auch die Mehrheit der Stakeholder aus. Dazu kam ein Vorschlag, hier alle Anwendungen und Produkte mit Blei zu adressieren und den Umfang des IoCs zu erweitern. Eine Einigung gab es dafür aber nicht. Auch das IoC der Hochgefährlichen Pestizide wurde kontrovers diskutiert. Sahen einige Stakeholder es nicht als notwendig an, dieses Thema weiter als IoC zu behandeln, da auf der Weltchemikalienkonferenz der Beschluss gefasst wurde, eine Globale Allianz über Hochgefährliche Pestizide ins Leben zu rufen. Andere Stakeholder sahen die Globale Allianz eher als Hebel, das IoC richtig zu adressieren.

So oder so, damit die IoCs nicht nur auf dem Papier weiter existieren braucht es hier dringend Ressourcen, auch das zeigte der Bericht der IOMC und bereits vorhergehende Evaluationen unter SAICM. Anstelle aber darüber zu diskutieren, welche Wege es gebe, neue Mittel zu generieren, wurden Priorisierungsdiskussionen angestoßen.

Globale Allianz zu hochgefährlichen Pestiziden wird ausgebremst

Einen der größten Erfolge der Weltchemikalienkonferenz im Herbst 2023 bildete der Beschluss, eine Globale Allianz über Hochgefährliche Pestizide (GAHHP) zu gründen. Hier sollen verschiedene Stakeholder zusammenkommen, um ihre Aktivitäten zu bündeln, die Nutzung von Hochgefährlichen Pestiziden bis 2035 auslaufen zu lassen. 

Während einerseits viele Stakeholder ein zügiges Vorankommen im Nutzungsverbot von hochgefährlichen Pestiziden forderten, versuchten andere die Etablierung der GAHHP auszubremsen oder gar das Ziel zu unterminieren. Eines der Hauptargumente gegen die GAHHP bzw. gegen die Nutzungsbeschränkung von Hochgefährlichen Pestiziden sei die fehlende Verfügbarkeit von Alternativen.

Am letzten Tag der OEWG bei einer Veranstaltung zur Mittagszeit präsentierte die FAO das operationale Rahmenwerk für die GAHHP. Dies sollte den Startpunkt für die weitere Entwicklung der GAHHP bilden. Dem vorausgegangen war eine Online-Konsultation. Im April veröffentlichte die FAO ihren Vorschlag, wie eine solche GAHHP administrativ gesteuert werden kann, den sie zusammen mit der WHO, UNEO, UNDP und ILO veröffentlichte. Das Feedback aus der Konsultation wurde in einen zweiten Vorschlag eingearbeitet und das Ergebnis präsentiert. Die Veranstaltung sollte dazu nicht nur zur Präsentation dienen und Rückfragen klären, sondern auch den Start bilden, um Personen für den Steuerungskreis der GAHHP zu benennen. Dies wäre ein wichtiger Schritt, um die GAHHP weiter zu formieren und zur Internationalen Konferenz erste Erfolge präsentieren zu können. Viele Stakeholder stimmten aber nicht mit den Vorschlägen der FAO überein und versuchten den Prozess zu bremsen und auch die IC1 hinauszuzögern. Dabei wurde auch klar, dass sich diese Stakeholder nicht an der vorherigen Konsultation beteiligten. Die Arbeit der FAO zur GAHHP wurde damit erheblich ausgebremst.

Der Gender Action Plan

Der Entwurf zum Gender Action Plan wurde von einem Großteil der Stakeholder sehr positiv aufgenommen und es wurde bestärkt, die Arbeit daran fortzusetzen. Während viele Stakeholder die Integration einer Gender-Perspektive als wichtigen Schritt sehen, um mehr Gerechtigkeit und Inklusivität zu erzeugen, sprachen sich die USA und Argentinien gegen den Gender-Begriff aus und wollten eine konkretere Sprache, die klar von Männern und Frauen ausgeht. Da die Resolution zum Gender Action Plan aber bereits auf der Weltchemikalienkonferenz 2023 beschlossen wurde und es auf der OEWG kein Mandat gab, diese Resolution zu kippen, blieben es lediglich Anmerkungen, die von anderen Stakeholdern auch stark zurückgewiesen wurden.

Indikatoren und Messbarkeitsstruktur

Die virtuelle Ad-Hoc-Arbeitsgruppe, um Indikatoren für die Ziele und Vision des GFC festzulegen, bildete einen kontinuierlichen Rahmen zur Weiterentwicklung des GFC nach der Weltchemikalienkonferenz. Trotz der stetigen Arbeit bestehen immer noch große Lücken bei den Indikatoren und Uneinigkeit darüber, wo die Prioritäten gesetzt werden sollen. Die OEWG zeigte auch, dass die Arbeit an den Indikatoren durchaus eine Herausforderung für eine Gruppe ist, die bisher wenig Erfahrungen mitbringt. Viele Stakeholder verfügen nicht über das nötige Wissen oder Kapazitäten, um gute Indikatoren zu erarbeiten.

Hier findet sich der vorläufige Bericht der OEWG.

Hier findet sich der Bericht des Earth Negotiation Bullentin.  

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NGOs und Gewerkschaften fordern das Ende der Produktion, des Exports und des Imports von verbotenen Pestiziden in der EU